Alles begann mit einer Getränkerechnung: "An den Vogt Ignaz Ruschmann zahlt 5/4 Ohmen Wein, so des Musikanten gereicht wurden, 6 fl 2 kr 6 Pf." Diese Rechnung ist der früheste Anhaltspunkt dafür, dass es eine Musikkapelle in Zunsweier gab, datiert ist sie auf 1790. "Fünf Viertel Ohmen" sind knapp 200 Liter, die Anzahl der mittrinkenden Menschen muss also recht stattlich, die Kapelle schon damals sehr groß gewesen sein. Es sollte aber noch 19 Jahre dauern, bis im Jahre 1809 die Musikkapelle erstmals in den Gemeindeannalen auftauchte. Diese "erste urkundliche Erwähnung" darf uns als Grundstein für eine nun fast 200-jährige Geschichte dienen.
Aus dem 19. Jahrhundert gibt es nicht viele Dokumente über die Musikkapelle; hier eine Rechnung aus dem Jahr 1806, dort eine von 1839. Es darf aber davon ausgegangen werden, dass die Blasmusik in Zunsweier die komplette Zeit über gepflegt wurde, es also keine Phasen gab, in denen sich die Kapelle aufgelöst oder neu gegründet hätte. Aus mündlicher Überlieferung ist bekannt, dass es in den Jahren 1888 und 1889 einen "Run" auf die Kapelle gegeben haben muss. Viele junge Männer (die Betonung liegt hier auf Männer, da es zu vermuten steht, dass das Musizieren in einer Blaskapelle damals dem starken Geschlecht vorbehalten war!) traten bei, darunter werden genannt der Steinbrecher Adolf Möschle, der Zugführer a.D. Stefan Lienhard und Franz Michael Vetter, der überall nur als "der Franzmichel" bekannt und ein Dorforiginal war.
Um die Jahrhundertwende gab es in Zunsweier sogar zwei Musikkapellen: die des Militärvereins und die des katholischen Arbeitervereins, die 1898 vom damaligen Pfarrverweser Herrmann Sermatinger gegründet worden war. Die Konkurrenz zwischen ihnen war sehr groß und nahm mitunter groteske Züge an. Umso mehr ist es dem Bahninspektor Otto Kopp zu verdanken, dass er es nach den Wirren des Ersten Weltkrieges schaffte, die beiden – durch den Krieg schwer dezimierten – Kapellen zu einer zusammenzuführen. Kopp schaffte es auch, in den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen die Musiker zu einem musikalischen Niveau zu führen, das die Musikkapelle Zunsweier weit über die Gemeindegrenzen hinaus bekannt machte. Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges allerdings brach die Kapelle aufgrund der damaligen politischen Situation auseinander.
Nach dem Krieg war es wieder Otto Kopp, der eine Musikkapelle zusammenstellte. Zu den alten Musikern, die den Krieg überlebt hatten, wurden viele Jungmusiker herangezogen und in die Musikergemeinschaft integriert. Nach erneuten musikalischen Erfolgen trat Kopp – mittlerweile 76 Jahre alt – als Dirigent zurück, die Kapelle war jetzt ohne Führung und drohte erneut auseinanderzubrechen. Um dies zu verhindern, wurde 1952 von 118 Gründungsmitgliedern der Musikverein Zunsweier gegründet.
1952 begann also eine neue Ära: Die Musikkapelle war nun ein Verein mit einer ordentlichen Satzung und Vorstandschaft geworden, und als neuer Dirigent konnte Adolf Walz senior gewonnen werden. Er war zuvor Leiter der Musikkapelle Elgersweier und des Mandolinenclubs Elgersweier/Zell-Weierbach. In Zunsweier führte er den Taktstock von 1952 bis 1962 und die Kapelle zu achtbaren Erfolgen. Im Jahr 1959 zählte der Verein 303 Mitglieder und die Kapelle bereits 23 aktive Musiker und sechs Zöglinge. Zum ersten Mal wurde eine einheitliche Uniform angeschafft, außerdem wurde in diesem Jahr das 150-jährige Bestehen der Kapelle mit einem Verbandsmusikfest gefeiert. 1960 nahm die Kapelle an einem Wertungsspiel des Musikverbandes Kinzigtal teil und erreichte in der Unterstufe die Note "hervorragend". Auch eine andere feste Tradition des MVZ wurde 1960 eingeführt: Die erste Altpapiersammlung fand statt. Sie brachte die stolze Summe von 1410 DM ein und erleichterte die Sorgen des damaligen Kassiers beträchtlich: Der MVZ litt zu dieser Zeit unter chronischem Geldmangel.
1962 gab Adolf Walz senior den Taktstock an seinen ältesten Sohn Leonhard ab. Leonhard Walz leitete die Kapelle gut 27 Jahre lang bis 1990. Viele aktive Musiker des heutigen Orchesters fingen "unter Leonhard" zu musizieren an, er prägte – wie schon sein Vater – den Musikverein Zunsweier nachhaltig. Heute spielen seine Tochter Annette, deren Mann Bernhard und die Enkelinnen Julia und Stefanie im MVZ mit. Leonhards Bruder Adolf (junior) spielte bis Mitte der Neunziger ebenfalls in der Kapelle.
Die Ära Leonhard Walz war die längste in der bisherigen Geschichte des Musikvereins, und viele der damals eingeführten Neuerungen prägen die Kapelle bis heute. So wurde erstmals eine eigene Jugendkapelle gegründet, die ebenfalls von Leonhard Walz geleitet wurde. Die Kapelle nahm an zahlreichen Wertungsspielen teil und engagierte sich stark im Blasmusikverband Kinzigtal. Auch wurde zum ersten Mal ein "Musikervorstand" gewählt, die Zöglingsausbildung wurde ausgeweitet, und die Kapelle vergrößerte sich rasch. 1969 feierte man das 160-jährige Bestehen, und in diesem Jahr stellte nach 18 Jahren Josef Feißt sein Amt als Erster Vorsitzender zur Verfügung. Sein bisheriger Stellvertreter Josef Siefert wurde Nachfolger und leitete den Musikverein Zunsweier bis 1989. Leonhard Walz war nicht nur 27 Jahre lang Dirigent der Musikkapelle, er komponierte auch zahlreiche Werke speziell für den MVZ, unter anderem die "Kleine Messe für Bläser" und die "Stubenmusik", sowie zahlreiche Märsche und Polkas.
1973 spielte die Kapelle zu vier besonderen Anlässen in Offenburg. Die Tradition, das überregional bekannte Weinfest am Freitagabend zu eröffnen, besteht auch heute noch. Ebenfalls wurde in diesem Jahr das Adventskonzert als Höhepunkt des musikalischen Jahres eingeführt. Auch diese Festlegung aus der "Ära Leonhard" hat heute noch Bestand, auch wenn wir vom vierten auf den ersten oder zweiten Advent ausgewichen sind, um die vorweihnachtliche Zeit für die vielen Mütter und Familien im Verein etwas entspannter zu gestalten. 1974 präsentierten sich die "Höllbuben" zum ersten Mal der Öffentlichkeit, damals noch unter dem Namen "Die lustigen Zunskrainer". Diese Tanzkapelle setzte sich aus aktiven Mitgliedern des MVZ zusammen. In diesem Jahr zählte die Musikkapelle bereits 50 aktive Mitglieder.
Freundschaftliche Beziehungen unterhielt der Musikverein mit Kapellen aus Fulgenstadt und Herbertingen-Marbach. Mittlerweile sind durch die Jumelage mit Chevrières (Frankreich) und die Freundschaft zu Blumenstein (Schweiz) zwei weitere Vereine hinzugekommen, mit denen wir eine gute Kameradschaft pflegen.
1980 umfasste der Verein 353 Mitglieder. Die Kapelle nahm an einem Wertungsspiel des Verbandes teil und erreichte in der Mittelstufe den Ersten Rang. 1981 wurde die berühmte graue Uniform mit weinrotem Brusttuch angeschafft, die erst vor fünf Jahren abgelöst wurde. Die Anzahl der aktiven Musiker erreichte den Rekordwert von 63, daher wurde das Probelokal im Rathaus zu eng, man zog in den Saal des Gasthauses "Laube" um. 1983 wagte sich der MVZ beim Wertungsspiel in die Oberstufe und erreichte dort einen "ersten Rang mit Belobigung" mit 118 von 120 zu erreichenden Punkten.
1984 wurde das 175-jährige Bestehen der Musikkapelle mit einem großen, viertägigen Fest gefeiert. Auch eine Festschrift wurde herausgegeben, die eine umfassende Chronik, verfasst von Manfred Vetter und Franz-Josef Sauer, beinhaltete. Diese Chronik dient auch als Grundlage für diesen Text, an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Euch, Manfred und Franz-Josef!
1989 wurde Manfred Vetter Erster Vorsitzender des Musikvereins und löste Josef Siefert ab. 1990 übergab auch Leonhard Walz den Taktstock, und es begann die Zeit häufiger Dirigentenwechsel.
Von 1990 bis 1992 leitete Frank Hertweck aus Friesenheim die Musikkapelle. Er legte großen Wert auf eine stilistische Neuausrichtung, brachte Literatur aus Holland und den USA. Leider nahmen viele ältere Musiker das Aufhören von Leonhard Walz zum Anlass, ebenfalls aus der Kapelle auszuscheiden. Die Verluste konnten aber durch die gute Jugendarbeit aufgefangen werden. Frank Hertweck übernahm auch die Ausbildung der Klarinetten und Saxophone im MVZ. Als Klarinettenausbilder steht er auch heute wieder in unseren Diensten.
1992 folgte ihm Annemarie Plönnes für zwei Jahre ans Dirigentenpult. Als bisher erste und einzige weibliche Dirigentin in Zunsweier legte sie das Hauptaugenmerk auf die musikalische Interpretation der Stücke. Ihr war es lieber, ein einfaches Stück perfekt aufzuführen, als schwerere Literatur zu verpfuschen. Die studierte Musikerin und Musiklehrerin unterrichtete ebenfalls Klarinette, und einige ihrer damaligen Schüler und Schülerinnen spielen heute noch im Orchester. Leider gab auch sie uns bereits nach zwei Jahren wieder ab, und erneut verließen einige ältere Musiker die Kapelle, die den dritten Dirigentenwechsel in nur vier Jahren nicht mitmachen wollten.
1994 geriet die Kapelle in ruhigere Fahrwasser: Thomas Ritter aus Schutterwald konnte als Dirigent verpflichtet werden. Ihm ist es gelungen, aus der Blaskapelle ein modernes Blasorchester zu formen. Als erstes führte er den F-Horn-Satz ein, legte großen Wert auf die Ausweitung der Jugendarbeit und gestaltete bereits im ersten Jahr unter seinem Dirigat das Adventskonzert mit moderner sinfonischer Literatur. Durch seine akribische Arbeit und sein sensibles Händchen überforderte er die Kapelle aber nie. Die Auftritte und Jahreskonzerte wurden zu musikalischen Erfolgen, der Musikverein Zunsweier erarbeitete sich einen guten Ruf in der Region.
Die Neunziger waren auch von häufigen Wechseln in der Vorstandschaft des Vereines geprägt. Nach Manfred Vetter übernahm Martha Mussler das Amt der Ersten Vorsitzenden, ihr folgten Chris Scherer und Daniela Maier. Eine wichtige Neuerung dieser Zeit war die Einführung des Rathausplatzkonzertes, das je nach Wetterlage an Christi Himmelfahrt oder Fronleichnam stattfand. 2008 wurde es auf den Sonntag nach Fronleichnam verlegt. Unter Martha Mussler bekam der Verein ein modernes Logo, das auch heute noch die Homepage, die Urkunden und Schriftstücke des MVZ ziert. Auch gab es in dieser Zeit Ausflüge nach Chevrières und Blumenstein. Die Probenwochenenden zum Jahreskonzert fanden traditionell in diversen Hütten und Freizeithäusern im Schwarzwald statt. Jahr für Jahr konnten neue Jungmusiker in die Kapelle integriert werden, die Zahl der aktiven Musiker schwankte im Schnitt um 50.
Zum Jahreskonzert 2002 kündigte Thomas Ritter an, dass er im darauf folgenden Jahr den Taktstock abgeben wolle. Die Suche nach einem Nachfolger begann, und Christian Warth aus Goldscheuer nahm im Sommer 2003 den Platz am Dirigentenpult ein. Er führte den von Thomas Ritter eingeschlagenen modernen Kurs fort. Da Christian Warth anfangs noch die Musikkapelle Diersheim leitete, verlegte der MVZ sein Adventskonzert auf einen Termin um Ostern, so dass 2003 kein Jahreskonzert stattfand. 2007 kehrte man dann zum alten Termin zurück: Am Samstag des ersten Advents steht in Zunsweier konzertante Blasmusik auf dem Programm.
Seit 2006 leitet Michael Groß den Verein als Erster Vorsitzender, seine Vertreter waren Bernhard Maier, Caroline Waldeisen und seit 2021 Fabian Brüderle. 2009 feierten wir das 200jährige Jubiläum der Musikkapelle mit einem großen Oktoberfest und einem klassischen Festakt.
Von 2010 bis 2021 leitete Frank Hertweck erneut die Musikkapelle. Er dirigierte, wie oben erwähnt, bereits seit 1990 bis 1992 in Zunsweier und hat den MVZ zunächst bis zum Jahresende als Interims-Dirigent übernommen. Nach dem erfolgreichen Jahreskonzert wurde er vom Plenum der Musiker mit großer Mehrheit zum musikalischen Leiter gewählt. Unter Frank Hertweck wurde das Open-Air-Rockkonzert "MVZ Rockt!" auf dem Rüttihof etabliert und wurde in kürzester Zeit zu einer regelrechten Kultveranstaltung. Auch Konzerte in der Zunsweirer St.-Sixtus-Kirche unter dem Namen "MVZ Classix" wurden zu großen Erfolgen.
Im Frühsommer 2021 galt es, die Stelle des Dirigenten neu zu besetzen. Zahlreiche Bewerber und von uns aktiv angesprochene Personen wurden kontaktiert, acht davon zu Vorstellungsgesprächen eingeladen. Im Juli führten wir vier Probedirigate durch, damit sich die Gesamtkapelle ein umfassendes Bild von den ausgewählten Kandidaten machen konnten. In der daran anschließenden schriftlichen Abstimmung wurde Joshua Trefzer aus Gengenbach zum neuen Dirigenten gewählt.